Dr. Ludwig Resa:

Kurzgefasste Nachrichten der Kirchen

von Ost- und Westpreußen von 1834

(Auszug, Rechtschreibung angepasst)

 

S. 192

 

Marienburg

 

Die Georgen-Kirche auf der Marienvorstadt war zur Zeit des Deutschen Ordens eine Kapelle bei einem Ordens-Spittel unter der Aufsicht des Ordens-Spittlers, dem St. Georgen geweiht. Spittel, Ka­pelle und Priesterwohnung hieß die Probstei zu St. George und der Geistliche der Probst zu St. George. In dem Bundeskriege gegen den Orden wurde bei der letzten Belagerung von 1460 die Mari­enstadt abgebrannt und auch das Georgen-Spittel nebst der Kirche völlig zerstört. Die zerstörte Kir­che nebst dem Spittel ist in der Folge vom Polen-Könige Kasimir mit dem Patronate über dieselbe dem Stadt-Magistrate unter der Bedingung übergeben, dass beides, Kirche und Spittel, von der Stadt wiederaufgebaut und hergestellt werden sollte. Die Lehre Luthers fand sehr frühe Eingang in Mari­enburg, und der Magistrat konnte vermöge seines Patronats-Rechtes bei der Georgen-Kirche Predi­ger anstellen, die nach Luthers Grundsätzen predigten und den Gottesdienst einrichteten.

Seitdem sich eine evangelische Gemeinde bildete, haben bei derselben als Prediger gestanden:

1.   vor 1520 - 1564...

2.  Über die folgenden Prediger, die die evangelische Lehre in der Georgen-Kirche, zum Teil auch in der Johannes- oder Stadtpfarrkirche und in der Torkapelle über dem äußeren Marientore, verkün­deten und Luthers Grundsätze immer mehr verbreiteten, sind umständliche und ganz zuverläs­sige Nachrichten nicht vorhanden. Eine alte Handschrift nennt nur ihre Vornamen... (es folgen sie­ben Namen). Mit größerer Zuverlässigkeit können die nachherigen evangelischen Prediger bei der Georgenkirche angegeben werden. Hierbei ist zu bemerken, dass die evangelische Gemeinde seit ihrer Bildung zwei und bisweilen auch drei Prediger bei der Georgen-Kirche oder auch bei der Stadt-Pfarrkirche angestellt hatte, die abwechselnd in deutscher und in polnischer Sprache predi­gen mussten, wenn nicht einer von ihnen ganz besonders für das polnische Predigen berufen wor­den war.

...

6.

Anmerkung:

Im Jahre 1569 erhielt die evangelische Gemeinde zu Marienburg vom polnischen Könige Sigismund die Berechtigung der freien Ausübung der Religion, auch des ferneren Gebrauches der Pfarrkirche mit der katholischen Gemeinde gemeinschaftlich. Es wurde nämlich dem Rate und der ganzen Gemeinde gestattet: »die frei Predigt des Evangeliums nach der Lehre Christi und der Apostel in der gewöhnlichen Pfarrkirche, welche sie jetzt gebrauchen und gebrauchen sollen, auch das Sakrament der Taufe in gedachter Kirche, das Sakrament des Altars aber in der Probstei zu St. George, ohne Beschuldigung der Ketzerei nach den Vorschriften der Augsburgischen Confession, ausspenden zu lassen, und gelehrte und fromme Prediger nach der Augsburgischen Confession zu wählen.« — Bald darauf erhielt auch die Gemeinde die Erlaubnis, in der Pfarrkirche auf dem Altar des Leibes Christi das heilige Abendmahl feiern zu dürfen, doch nur für die, welche alters- und schwachheitshalber den weiten Weg bis zur Ge­orgenkirche nicht gehen konnten.

Die Berechtigung wurde vom König Stephan und vom Könige Sigismund III. 1587 bestätigt; daher auch von den Predigern in dieser Zeit mehre eigentlich bei der Pfarrkirche angestellt waren. Aber noch unter dem Könige Sigismund III. wurde durch die Arglist des kulmischen Bi­schofs Tylicky ein königliches Dekret von Sigismund III. erschlichen und der Gebrauch der Pfarrkirche der evangelischen Gemeinde entzogen.

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15. Melchior PAULI, kam von Marienwerder am 31. Julius 1603 als polnischer Prediger an die Geor­gen-Kirche, musste aber 1606 das Amt niederlegen.

16....

17. Andreas WILLENIUS...

Anmerkung:

Als Gustav Adolf 1626 Marienburg in Besitz nahm, ließ er am 19. Julius in der Stadtpfarrkir­che den evangelischen Gottesdienst halten und gab die Kirche der evangelischen Gemeinde zurück; auch wollte er in Marienburg ein lutherisches Consistorium errichten und Andreas WILLENIUS als Superintendenten bei demselben anstellen. Die Sache aber kam nicht zu­stande. Nach Beendigung des Krieges 1635 wurden auch die Evangelischen an der Stadt­pfarrkirche von den Katholischen wieder vertrieben.

18....

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36....

37. Ephraim FROM, in Danzig geboren, besuchte 1678 die Universität zu Königsberg und dann zu Wittenberg, wurde 1681 Pestprediger an der Schlosskirche zu Zerbst, kam 1684 nach Danzig zu­rück, wurde 1687 bei der Kirche und Schule in Greben bei Danzig angestellt, 1689 Prediger in Wossitz, 1696 Prediger in Dirschau und 1713 nach Marienburg berufen, nachdem hier die Wahl des Fiedler rückgängig gemacht worden war. Er starb 1728 in einem Alter von 71 Jahren, 4 Mo­naten.

38....

39....

40. M. Nathanael Ephraim FROM, ein Sohn des Predigers Ephraim FROM, dem er im Amte folgte, hatte in seiner Jugend die Schulen in Dirschau und Marienburg besucht, ging nachher auf das Gymnasium zu Danzig und studierte in Rostock und Leipzig. Zur Unterstützung seines Vaters kehrte er nach Marienburg zurück, erwarb sich 1724 zu Königsberg die Magister-Würde und wurde nach dem Tode seines Vaters 1728 ins Predigeramt zu Marienburg berufen. Dem Verlangen des Magistrats gemäß verbesserte er das Marienburgische Gesangbuch und gab ein »Neu übersehe­nes Marienburgisches Gesangbuch« heraus 1756, das bei der Gemeinde eingeführt wurde. Er war ein gelehrter und aufgeklärter Geistlicher für seine Zeit, starb 1762 am 18ten März in einem Alter von 60 Jahren 7 Monaten.

41....

42. M. Samuel Ephraim FROM, ein Sohn des ehemaligen Predigers Ephraim FROM und Bruder des M. Nathanael Ephraim FROM, geboren in Marienburg am 26. Oktober 1714, wurde Nachfolger des Predigers PUSCH. Nach dem Tode seiner Eltern nahm sich sein Bruder seiner Erziehung an. Er besuchte die hiesige lateinische Schule unter dem Rector Treuge und seit 1729 das Gymnasium zu Danzig. Im Jahre 1736 ging er auf die Universität nach Wittenberg, erhielt daselbst 1738 die Magisterwürde und kehrte 1740 in sein Vaterland zurück. Schon früh zeigte er Neigung zur Dicht­kunst und hatte mehrere Sachen drucken lassen; in Marienburg verfertigte er kirchliche Cantaten für den Gottesdienst in der Georgen-Kirche, die gedruckt wurden und lange im Gebrauche blieben. Im Jahre 1744 erhielt er das Rectorat bei der hiesigen lateinischen Schule, und 1747 wurde er Prediger in Neuteich. Nach dem Tode des Predigers PUSCH wurde er 1754 nach Marienburg be­rufen, starb 1766 am 20. Oktober in einem Alter von 52 Jahren.

43. Samuel Friedrich KROKISIUS aus Marienburg gebürtig, Sohn des hiesigen Bürgermeisters Johann Friedrich KROKISIUS, geboren 1730 am 18. Mai, besuchte zuerst die hiesige lateinische Schule und seit 1749 das Gymnasium zu Danzig. Er ging zuerst auf die Universität zu Königsberg und 1752 nach Jena. Im Jahre 1753 kam er nach Marienburg zurück und wurde 1754 Prediger in Neuteich. Im Jahre 1762 ward er nach Marienburg berufen zum Nachfolger des verstorbenen M. Nathanael Ephraim FROM und hielt am 11. Sonntage nach Trinitatis seine Antrittspredigt; er starb schon im Jahre 1766 am 12. Oktober in einem Alter von 36 Jahren 5 Monaten.

44. Johann Gottfried WITTHOLD, Prediger in Marienburg und erster Kirchen- und Schuleninspektor des kleinen Marienburgischen Werders. Er war zu Elbing am 25. Mai 1724 geboren, besuchte das dasige Gymnasium und 1746 die Universität zu Königsberg. Im Jahre 1746 ging er nach Elbing zurück und wurde 1749 Prediger in Schadwalde im großen Marienburgischen Werder. Er ward 1766 im Oktober nach Marienburg berufen, da hier zwei Predigerstellen durch den Tod des KROKISIUS und des M. FROM erledigt worden waren, und hielt 14 Tage nach seiner Wahl seine An­trittspredigt. Nach dem Tode des Predigers BOBRICK (Anm.: Nr. 41) rückte er 1768 in die erste Predigerstelle, wie die hiesige Verfassung es schon seit der früheren Zeit erforderte. — Nach der Besitznahme Westpreußens hielt er die Huldigungspredigt am 27. September auf dem inneren Schlosshofe. Bei der preußischen Einrichtung des Kirchenwesens erhielt er 1773 am 2. Junius die Kirchen- und Schulinspektion über Marienburg, Stuhm, Christburg, Losendorf, Lichtfelde und dem kleinen Marienburgischen Werder. Er starb 1776 am 4. August in einem Alter von 52 Jahren 6 Monaten.

Anmerkung:

Durch die preußische Besitznahme Westpreußens hörten auch die mannigfachen Bedrü­ckungen des evangelischen Kirchwesens durch die katholische Geistlichkeit, wie auch die Reibungen zwischen Lutherischen und Reformierten allmählich auf.

 

 

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