Auszüge aus: Aly-Tag 1977, S. 27 ff, von Hermann und Horst-Peter ALY, Freiburg

Ernst BERNER: Briefwechsel Friedrich I mit der Kurfürstin Sophie von Hannover[1]

Brief 75: Kurfürstin Sophie an König Friedrich I:

1705 März 9. Hannover[2]

Ob diser brif schon ser alt wird werden, ehr er in E. K. M.[3] henden kombt, undt durch eine ser betrübte Person überreicht werden, so hoffe ich doch, E. K. M. werden genedig auf Nehmen, das ich keine occasion lasse vorbey gehen mich in dero hochgeschetzte genad zu Acommendiren, undt wan E. K. M. es so wol leiden können, als ich von die selige Königin zu hören sprechen undt etwas trost tharin finden, wirdt die gutte trüwe fraw von Bülow E. K. M. alles erzellen können, dan sie ihren fleis so wol als auch die freilein Pelnitz undt andere Domestiquen bis aufs endt die selige königin erwiesen haben. E. K. M. genedigte intention gegen allen ist mir schon bekannt, also nicht Nötig E. K. M. tharan zu erinnern, nur sagen, das alle mit affection haben gedint bis auf den turc ally, der immer wie ein schatten hinder die selige königin war undt so klaglich sagte, Gott hätte ihm gestraft undt ihm seine königin genommen, weil er I. K. M. mit mer fleis gedint als ihm. Disses macht mich auch auf mich selber gedenken, dan ich adorihrte, was ich nun leider verloren; werde alzeit vor E. K. M. den allerhöchsten bitten.

P.S.
E. K. M. wolle die feller von dissem brif entschuldigen in die betrübnis undt Confusion tharin ich bin.


Aus der Art, wie hier über die beiden Kammertürken Friedrich ALY und Friedrich Wilhelm HASSAN berichtet wird, und aus der Tatsache, dass beide vom König durch Urkunden vom 3. Dezember 1705 für ihre Häuser in der Schlossstraße 4, 4a bzw. 6 die "Freihausrechte" als Dank für ihre Dienste bei der verstorbenen Königin erhielten, müssen wir schließen, dass sie am Hof der Königin einen besonderen Rang hatten.


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[1] Sophie von der Pfalz, Pfalzgräfin, durch Heirat mit Ernst August (20.11.1629 Herzberg - 23.01.1698 Herrenhausen b. Hannover) Kurfürstin von Hannover, 1701 zur Thronerbin von England erklärt (ihr Sohn George (I) wurde Kurfürst von Hannover und König von England), 23.10.1630 Den Haag - 08.06.1714 Herrenhausen b. Hannover
[2] Die Tochter der Kurfürstin und Gemahlin des Königs war Sophia Charlotte, Prinzessin von Braunschweig, Königin in Preußen, 20.10.1668 Iburg - 01.02.1705 Hannover; der Brief ist also etwa sechs Wochen nach ihrem Tod geschrieben und hat wohl den Zweck, die Verdienste der Bediensteten zu würdigen.
[3]Eure Königliche Majestät

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Auszug einer Schilderung über die Sterbestunde der Königin Sophie Charlotte (ohne Quellenangabe):

Und als sie ihre Freundin (von Pollnitz) in Thränen zerfließen sah, fuhr sie fort: "Was weinen Sie? Dachten Sie, ich sei unsterblich?" Sie segnete hierauf alle welche, ihrem Dienst angehörig, in Thränen ihr Bett umstanden, und sagte ihnen Lebewohl; zuletzt rief sie den beiden Kammertürken zu: "Adieu Aly! Adieu Hassan!" Einige Augenblicke später reichte sie ihrem Bruder dem Herzog die Hand, und sagte: "Adieu, mein lieber Bruder! Ich ersticke." Das Geschwür, das sich im Halse gebildet hatte, war aufgegangen, und sie gab den Geist auf.

 

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